Referendarwahlstation in Bombay

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V. Trips und Exkursionen

Angemerkt sei zunächst, daß man sich bei seinem ersten Indienbesuch schon fast tagelang damit beschäftigen kann, einfach nur durch Bombay zu laufen und mit allen Sinnen diese fremde Welt auf sich einwirken zu lassen. Herumwandern, schauen und staunen (4 Fotos).

1. Nationalpark

Eine Tour zum Nationalpark lohnt sich weniger wegen des Nationalparks, sondern primär wegen des landeskundlichen Begleitprogramms. So kann man einmal ausgiebig S-Bahn (Foto) fahren und ausprobieren, wie diese Autorikschas (Foto) sind, die nicht ins Stadtzentrum von Bombay dürfen. Der Nationalpark selbst ist nach europäischem Erwartungshorizont eher eine Enttäuschung. Trotzdem würde ich die Tour empfehlen. Hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Wer bei Mahalaxmi Stn. Zwischenstopp macht, kann man einen Blick auf die »dhobi ghats« (Waschereigebiet) werfen.

2. Bhuleshwar Market Citywanderung

Unbedingt empfehlenswert ist die ausgiebige, mindestens einen halben Tag füllende Kalbadevi & Bhuleshwar Walking Tour, LPB S. 137. Markttreiben in allen denkbaren Formen und Farben gilt es zu bestaunen. Angeboten wird buchstäblich alles: von Nahrungsmitteln und Blumen über Werkzeuge, am Straßenrand stehenden Automotoren und kompletten Getrieben bis zu Möbeln, natürlich auch Stoffe und Schmuck. Wer etwas Übung mit Kartennavigation im Großstadtdschungel hat, sollte es sogar schaffen, der gepunkteten Linie im LPB, Karte 8 zu folgen, ohne sich zu verlaufen. Doch, es ist möglich :-) Aber auch wer vom ausgetretenen Pfad abkommt, sollte sich nicht ärgern. Es gibt für alle und auf jeder Strecke genug zu sehen (Bild) und zu staunen.

Am Ende des moslemischen Fastenmonates Ramadan steigt in der Mohammed Ali Road am Rande des Marktviertels eine unglaubliche und wirklich sehenswerte Straßenparty, die fröhlich-ausgelassene Stimmung sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, wenn man in dieser Zeit vor Ort ist.

3. Elephant Island

Vom Gateway of India kann man per Fähre zum Elephant Island fahren. Auf der Insel herumzulaufen kostet als solches nichts, will man sich dagegen die Höhlen anschauen, kostet dies ca. 22,50 DM Eintritt (Ausländer zahlen das 50-fache des normalen Eintrittspreises: ein weiteres Indiz dafür, daß das Grundgesetz, insbesondere Art. 3, in Indien nicht gilt). Da ich bisher niemanden getroffen habe, der im Nachhinein meinte, dies sei die Besichtigung derselben auch nur annähernd wert, habe ich auf den Besuch verzichtet.

Ich habe mir aber sagen lassen, daß man auf der Insel auch schöne Wanderungen unternehmen kann, ohne die Höhlen zu besuchen.

4. Pune

Pune bietet sich als netter Wochenendausflug an. Man sollte versuchen, sich bereits mittelfristig Zugtickets zu sichern, damit dauern die 200 km nur 4 Stunden und nicht wie im Bus 6 oder 7 Stunden. Im Vergleich zu Bombay macht Pune den Eindruck einer richtigen Stadt mit konzentriertem Stadtzentrum und hat mir und meinem Kollegen sehr gut gefallen.

Sehenswert ist auch das Ashram der Osho- Bewegung. Tip: im Visitor Center einen der Videofilme anschauen, die dort ständig laufen, und sich an die realsozialistische Propaganda erinnert fühlen.

5. Aurangabad

Aurangabad liegt ca. 350 km nordwestlich von Bombay und ist für sich genommen keine übermäßig interessante Stadt. Sehenswert sind die Ellora und Ajanta Caves. Die Höhlen von Ellora in der Nähe von Aurangabad wurden zwischen den Jahren 600 bis 1000 aus dem vollen Felsgestein erstellt und sind detailreich verziert. Ajanta ist ca. 160 km von Auragabad entfernt, die Höhlen stammen aus den Jahren 200 v.u.Z. bis 600 und sind zudem mit Malereien versehen.

6. Goa

Es lohnt sich auf jeden Fall, für ein verlängertes Wochenende nach Goa zu fahren. Dort kann man schöne Strände (Bild) und ein südeuropäisches Flair genießen, daß mehr an Griechenland erinnert, als an Indien (Stilleben). Gerade wenn man schon viele Wochen in Bombay war, ist der Kontrast (Bild) höchst eindrucksvoll. Der Trip ist Zeit und Geld dann auf jeden Fall wert.

Es empfiehlt sich, Bahn zu fahren (ca. 12 Stunden Fahrzeit) statt Bus (Bild) (Detailaufnahme) Obwohl seitens der Busunternehmen stets »nur« 14 Stunden Fahrzeit für die Strecke von ca. 600 km behauptet werden, kann man realistischerweise von 16-17 Stunden ausgehen. Dies erschwert die Planung einer rechtzeitigen Rückreise deutlich. Es gibt auf der Strecke (auch) Schlafbusse, allerdings sind die Straßen in einem derart desolaten Zustand, daß man auch nach 17 Stunden liegendem Transport unausgeschlafen und übermüdet ankommt.

Im übrigen habe ich selbst erlebt, daß an einem sehr prominenten Termin (Republic-Day-Wochenende) selbt die privaten Busse mit standardmäßiger Sitz- bzw. Schlafplatzreservierung überbucht waren und Passagiere mit einer bestätigten Buchung zurückgelassen wurden (zum Glück traf es nicht mich). Dabei würde ich eher anzweifeln, daß die Inder unfähig wären eine ordentliche Platzreservierung auf die Reihe zu bekommen; es sieht mir eher so aus, daß diese Situation vom Personal gegen ordentliches »speed-money« (der landesübliche Euphemismus für Bestechungsgeld) bewußt herbeigeführt wurde, um (noch) besser zahlende Passagiere mitnehmen zu können. Aber ich will hier keine Panik verbereiten, derartige Vorkommnisse sind definitiv nicht der Regelfall. Wenn es aber darauf ankommt: da die Busse meist mehrere Pickup-Stationen anfahren, würde ich empfehlen, bei bedeutenderen Terminen bereits bei der ersten Station zuzusteigen und dabei deutlich pünktlich zu sein. Auf jeden Fall würde ich abraten, sich allzufest auf ein solches Verkehrsmittel zu verlassen, um den Flieger für die Heimreise pünktlich zu erreichen; d.h. eine Planung, morgens aus Goa zurückzukommen und abends den Rückflug nach Europa anzutreten hielte ich für grob fahrlässig - vielleicht könnte man sogar schon über bedingten Vorsatz diskutieren ;-)

Die eigentlich vorzuziehenden Nachtzüge nach Goa sind schon auf Wochen ausgebucht, d.h. man sollte sich bereits kurz nach der Ankunft in Indien Gedanken über das Abschiedswochenende in Goa machen. Wir hatten bei unserem Versuch, über dreieinhalb Wochen im voraus ein Zugticket für den Nachtzug zu bekommen, keinen Erfolg. Die Kanzlei empfiehlt, die maximal möglichen 2 Monate vorher zu buchen. Daß heißt wohl, man sollte sich bereits recht kurz nach der Ankunft (!) in Bombay Gedanken über den Goa- Ausflug machen.

7. Auf nach Agra?

Wer, wenn schon mal in Indien, auch das Taj Mahal besichtigen will, benötigt mindestens 3 Tage am Stück. Der Zug fährt Abends gegen 19 Uhr in Bombay ab und kommt am nächsten Tag um 17 Uhr in Agra an. Für die Rückfahrt geht der Zug ab Agra um 8 Uhr morgens, Ankunft in Bombay um 7 Uhr morgens am nächsten Tag. Auf der Rückfahrt von Agra nach Bombay sind stundenlange Zugverspätungen übrigens nichts ungewöhnliches (Foto). Einen Tag in Agra sollte man einplanen, um das Taj ausgiebig zu besichtigen. Wegen der beim besten Willen nicht mehr nachvollziehbaren Eintrittspreispolitik (Eintritt nur in das Taj schon allein 960 Rs, das sind ca. 47 DM, Inder zahlen übrigens nur 20 Rs, also 1 DM), weitere Sehenswürdigkeiten in der Gegend kosten zusätzlich insgesamt ca. weitere 70 DM, lohnt es sich nicht, mehr als das Taj zu besichtigen und länger als einen Tag in Agra zu bleiben. Man braucht daher zwei Übernachtungen. Rein klimatisch ist Agra deutlich kälter als Bombay, im Winter können es spätabends und nachts durchaus mal wenige Grad über Null werden. Es ist nicht ganz einleuchtend, bei Abfahrt aus dem hochsommerlich warmen Bombay (es sind stets 30+x Grad) angemessene (Winter-) Kleidung mitzuschleppen, darum sei auf diesen Klimaunterschied hier ausdrücklich hingewiesen.

Schön und eindrucksvoll war das Taj auf jeden Fall, aber die geforderten 47 DM Eintritt angemessen sind bleibt fraglich. Wenn man schon mal den Eintritt bezahlt hat, sollte man sich auch den Sonnenuntergang dort anschauen, die Farbwechsel des Gebäudes sind beeindruckend.

Gut sieht das Taj übrigens auch vom anderen Flußufer her gesehen aus. Hin kommt man mit einer kleinen Fähre, (d.h. einem Ruderboot) die unmittelbar rechts neben dem Taj abfährt (einfach neben dem rechten Eingang an der Mauer lang zum Fluß wandern) oder man wandert oder fährt über eine der etwas entfernt liegenden Brücken. Das Taj ist optisch-ästhetisch auf bestimmte Hauptansichtspunkte optimiert, etwa auf dem Blick vom Haupteingangstor oder der Aussichtsplattform. Genauso ist offenbar das Plateau auf der gegenüberliegenden Flußseite als Primäransicht mit berücksichtigt worden (äquidistante Stellung der Türme u.ä.). Mittags hat man am anderen Flußufer allerdings Gegenlicht. Als ich in Agra war, war die Stadt von sehr häufigen Stromausfällen betroffen, also sollte man seine Taschenlampe immer dabei haben.

VI. Schlußwort

Auch wenn man sich nach der ersten Woche in Bombay vielleicht fragt, ob es nicht doch auch ein »normales« Land getan hätte und warum man ausgerechnet nach Indien wollte, bitte nicht verzweifeln. Dies ist nur ein normales, notwendiges Zwischenstadium. Nach vielleicht einem Monat sollte man richtig Spaß dort haben. Neben neuer juristischer Erfahrung kann man reichlich Erinnerungen an ein unvergeßliches Erlebnis, teilweise mit Abenteuer-Charakter, sammeln. Ziel dieses Dokuments ist es, einen Eindruck zu vermitteln, was auf einen zukommt, effektive Reisevorbereitungen zu ermöglichen und den Einstieg, die ersten zwei Wochen des Aufenthaltes zu erleichtern und einen vielleicht etwas früher in das Spaß-Stadium zu bringen. HTH (hope that helps).

Über Feedback und Verbesserungsvorschläge würde ich mich freuen (per eMail oder Webkontaktformular). Auch für Hinweise auf Änderungen o.ä. bin ich dankbar. Wer Interesse hat, dieses Dokument fortzuschreiben, zu berichtigen oder an den neusten Stand anzupassen, ist dazu herzlich eingeladen.

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